http://www.bostonmarathon.org/
Hans-Joachim Strehlau (Mitte)
Celler Jürgen Schaper und
         Hans-Joachim Strehlau
             laufen Boston Marathon

Den Traum von einer Teilnahme am berühmtes-
ten Marathon der Welt, dem Boston Marathon,
haben sich Jürgen Schaper vom MTV Celle und
Hans-Joachim Strehlau, Triathlet vom SV Alten-
celle, erfüllt. Sie starteten am 17. April bei der
104. Auflage des weltweit ältesten, alljährlich
stattfindenden Marathons. Bei kalten widrigen
Bedingungen auf einer schwierigen Strecke er-
reichen beide nach 42,195 km das ersehnte Ziel.
 Der Boston Marathon ist anders, sehr viel anders. Schon deshalb, weil er immer an einem
Montag, dem Patriots' Day ausgetragen wird. Ein Feiertag, der in Massachusetts in Gedenken
an den Beginn des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges begangen wird. Anders auch, weil
kein Marathon eine 105 Jahre alte Historie aufzuweisen hat. Unzählige Mythen, Anekdoten
und Geschichten ranken sich um diesen Lauf. Ehemalige US-Läufer wie zum Beispiel der jetzt
92 jährige John A. Kelley, der sage und schreibe auf 61 Starts und 2 Siege in Boston zurück-
blicken kann oder Bill Rodgers, der in den siebziger Jahren 4 Mal vorne lag, haben in Boston
Kultstatus erreicht.
 
Kult ist auch der Marathon als fester Bestandteil der Stadt Boston. Nirgendwo anders wird den
Teilnehmern eine solche Achtung und Begeisterung seitens der Bevölkerung entgegen gebracht.
Nach dem „Super Bowl" erfährt die Sportveranstaltung Boston Marathon das zweitgrößte
Medieninteresse in den Vereinigten Staaten. Gleich 3 Fernsehstationen berichten ganztägig live.
Höchsten Stellenwert besitzt selbstverständlich der Lauf auch in der amerikanischen Marathon-
szene. Doch um in den Besitz einer der begehrten Startnummern zu kommen, müssen Qualifika-
tionszeiten nachgewiesen werden. So muß z.B. ein 35-jähriger schon eine Marathonzeit von unter
3 Stunden aufweisen können!
 
Boston ist kein Stadtmarathon und in keiner Weise mit den schnellen Kursen der europäischen
Metropolen zu vergleichen. Es handelt sich um eine wellig bis hügelige und insgesamt abfallende
Strecke mit Start im kleinen Ort Hopkinton, die dann durch 6 weitere Ortschaften führt und mit
dem Zieleinlauf am Copley Square, im Herzen Bostons, endet.
 
Schon sehr früh am Morgen werden die Teilnehmer mit Bussen ins „Athletes' Village" gefahren.
Ein High School Gelände im Startort Hopkinton, auf dem 2 riesige Zelte aufgebaut sind. Hier
müssen die Läufer, dicht gedrängt und eingehüllt in Decken und wärmende Kleidung, bei
Temperaturen nur wenig über dem Gefrierpunkt, noch einige Stunden bis zum Start um 12 Uhr
mittags ausharren. Endlich ist es soweit und Jürgen Schaper und Hans-Joachim Strehlau stehen
unter 17.741 Läufern in ihrem Startsektor. Gänsehaut als nach dem Verklingen der Nationalhymne
2 F-15 Bomber im Tiefflug übers Starterfeld jagen.
 
Die erste Streckenhälfte erscheint relativ einfach, da es trotz einiger giftiger Anstiege über-
wiegend bergab geht. Sie hat jedoch ihre eigenen Gesetze, denn wer hier zu schnell angeht wird
im schweren 2. Abschnitt dafür bestraft. Zudem müßen die Läufer erkennen, daß Bestzeiten am
heutigen Tage außer Reichweite sind. Es weht ein eisiger und zunehmender starker Wind aus
Nord/Ost, was 42 km Gegenwind bedeutet und die gefühlten Temperaturen im Laufe des Rennens
auf unter 0° Grad abfallen läßt. Großartig und einmalig ist die Unterstützung der zahlreichen
Zuschauer. Überall hört man ein „you 're doing a great job, guys" oder „you are looking good".
Speziell am Wellesley College, einer Mädchenschule, wo die Läufer kurz vor der Halbmarathon-
marke mit ohrenbetäubenden Geschrei empfangen werden, schwappt die Begeisterung über.
 
Der Ernst des Laufes beginnt ab km 26, einem Zeitpunkt an dem die Ermüdung des Körpers
gerade beginnt. Jetzt geht es 8 km nur bergauf, wobei 4 „Berge" überwunden werden müssen.
Der letzte, der sogenannte „Heartbreak Hill" zwischen km 33 und 34, hat in all den Jahren
eine berüchtigte Berühmtheit erlangt.
 
Das Vorhaben der beiden Celler solange wie möglich zusammenzulaufen ist relativ schnell
hinfällig. Während Jürgen Schaper sich sehr gut fühlt und seine geplante Marschtabelle sogar
einhalten kann, zieht es Hans-Joachim Strehlau vor, daß Tempo etwas zu drosseln. Wie erwartet
sind die letzten km unglaublich hart und auch wer den psychologisch wichtigen „Heartbreak Hill"
überwunden hat, ist noch lange nicht im Ziel. Jetzt geht es zwar überwiegend stark bergab aber
diese Erleichterung ist trügerisch, da die schmerzende geschundene Oberschenkelmuskelatur
jetzt gleichzeitig bremsen und beschleunigen muß. Gerade Hans-Joachim Strehlau hat hier große
Probleme während es der ziemlich unterkühlte Jürgen Schaper bereut, sein langärmliges Lauf-
shirt schon so früh weggeworfen zu haben.
 
Nach großem Kampf und mit Unterstützung des fantastischen Publikums erreichen beide das
ersehnte Ziel am Bostoner Copley Square. Jürgen Schaper finisht nach 3:18 Std. während
Hans-Joachim Strehlau 3:25 Std. benötigt, womit beide noch im 1. Drittel des Feldes liegen.
Mehr als 1000 Läufer steigen aus und „verlieren die Schlacht gegen das unbehagliche New England Wetter", wie die Tagespresse schreibt. 528 müßen im Ziel unterkühlt oder dehydriert
behandelt werden.
 
Was für die beiden Celler bleibt, ist die Erinnerung an ein beeindruckendes perfekt organi-
siertes Ereignis, beginnend mit der Marathonmesse über die Pastaparty bis hin zur Abschlußparty.
Ebenso muß auch die große Freundlichkeit, Ordnung und Disziplin der Amerikaner hervorgehoben
werden.